Diesen Blog....

....möchte ich meinem Herrn widmen. Erst durch ihn sind all die Geschichten, die ihr hier lesen könnt, entstanden. Mein Herr, ich danke Dir für ein wunderschönes erstes halbes Jahr und bin sehr froh, Dich gefunden zu haben!

24.02.2012

Auf den Blickwinkel kommt es an

Habe ich hier eigentlich jemals von dem Spruch erzählt, der in unserem Häuschen an einer Wand hängt? Ich glaube nein, und da ich gestern eine interessante Unterhaltung über genau diese Worte hatte, möchte ich das jetzt nachholen.


Du fesselst mich,
und ich fühle mich unendlich frei.
Du verbindest mir die Augen,
und ich kann tausend Farben sehen.


Das ist der Satz, den ich meine. Er stammt, wie könnte es anders sein, natürlich von mir. *lächel*
Es sind Worte, die ich so tief empfinde, daß ich sie irgendwann, kurz nachdem wir das Haus gekauft hatten, als Wandtattoo habe anfertigen lassen. Sie waren dann mein Weihnachtsgeschenk an meinen Herrn, dem sie sehr gut gefallen und der sie deshalb gleich an die Wand im großen Spielzimmer gemacht hat.

Seitdem bin ich von einigen Gästen darauf angesprochen worden. Immer wird der Spruch als sehr schön und positiv empfunden, als etwas Liebevolles, ein Zeichen von Glück, Vertrauen und innerer Ausgeglichenheit, und genau so ist er von mir ja auch gemeint. Es sind Worte, die mir aus tiefstem Herzen kamen und die ausdrücken sollen, welches Geschenk die Beziehung zu meinem Herrn für mich ist.


Ich gehöre ja zu den Grüblern im Lande, zu den Menschen, die sich oft selbst im Weg stehen, viele Sorgen und Ängste mit sich herum tragen und es in der Vergangenheit nie leicht hatten. In meinem Leben ist schon ziemlich viel schief gelaufen, was mein Selbstbewußtsein sicher nicht gerade gestärkt hat.
Aber als mein Herr in meinem Leben aufgetaucht ist, fing es an besser zu werden. Von ihm habe ich schon so viel gelernt, und damit meine ich bei Weitem nicht nur Dinge mit SM-Bezug!
Er ist ein sehr kluger, lebenserfahrener, starker und in sich ruhender Mensch. Nichts haut ihn so schnell um, nichts bringt ihn aus der Fassung - Eigenschaften, die mir leider oft fehlen. Er ist der typische "Fels in der Brandung", der mir nun schon seit Jahren so viel Halt und Schutz bietet! Gleichzeitig ist er aber auch mit unglaublich viel Geduld dabei, mir nach und nach beizubringen mutiger zu sein, meinen Ängsten zu begegnen und sie zu besiegen, und er hat dabei - auch wenn er das manchmal übersieht ;-) - schon sehr große Erfolge erzielt.
Mein Herr führt mich nicht nur beim Thema BDSM, sondern er zeigt mir auch im alltäglichen Leben oft welcher Weg gut und richtig wäre. Ob ich den dann auch gehe, ist dabei ganz mir selbst überlassen. Er gibt mir seinen Rat, den ich sehr zu schätzen gelernt habe, aber es ist immer mein freier Wille, der letztendlich entscheidet, ob ich auf ihn höre oder es doch anders versuche.
Und es ist auch mein Herr, der mir seine Hand entgegenstreckt um mir auf zu helfen, wenn ich mal wieder nicht auf ihn gehört und es auf meine Weise versucht habe, wenn ich damit auf die Nase gefallen bin und nicht mehr weiter weiß. Dann ist er da, ohne Vorwurf, ohne "ich hab es dir doch gleich gesagt", und hilft mir mit all seiner Wärme und Fürsorge wieder auf die Beine, damit ich es noch einmal versuchen kann.


Warum ich das heute hier erzähle? - Nun ja, gestern hatte ich wie gesagt eine interessante Unterhaltung über diesen bewußten Spruch. Ein Stino hatte ihn in meinem Profil bei wkw entdeckt und mich darauf angesprochen, und ich war zutiefst erstaunt darüber, wie völlig anders er diese so positiv gemeinten Worte gedeutet hat.

Ihm war vor allem das Wort "fesseln" bitter aufgestoßen, denn er ist der Überzeugung, daß man - egal ob man es wörtlich nimmt oder wie in diesem Falle auch im metaphorischen Sinne - nie frei sein könne, wenn man von Fesseln gehalten wird. Und weiter war er daher der Meinung, daß ich auch in meiner Beziehung zu meinem Herrn nicht frei sein könne, sondern von ihm immer eingeengt und beschränkt wäre.

Er brachte das alles in sehr freundlicher, respektvoller, fast schon besorgter Art vor, so daß ich gerne bereit war, mich mit ihm darüber auszutauschen und ihm meine Sicht dieser Worte zu erklären. Leider mußte ich dabei mal wieder feststellen, wie schwer und fast unmöglich es ist einem Stino Dinge zu verdeutlichen, wie eben z.B. das Gefühl von Freiheit, daß man auch als Sub in einer solchen Beziehung finden kann. Es war mir nicht wirklich möglich ihm anschaulich zu machen, daß ich in meinem ganzen Leben nie freier war als in diesen Jahren, die ich bisher mit meinem Herrn verbracht habe.
Natürlich sieht ein Stino erst einmal nur das, was auch die Medien immer so herrlich falsch darstellen: SM als eine Form von Gewalt, bei der der eine Partner unterdrückt und zu allem Möglichen gezwungen wird. Eine Vorstellung, die für mich so absurd ist, daß ich darüber nur lachen kann.
Denn was ist SM denn aus meiner Erfahrung heraus? Es ist eine sehr intensive Form von Selbsterfahrung, ein Ausloten und Erweitern eigener Grenzen, eine andere Form von Zärtlichkeit, Sinnlichkeit und eine wirklich tiefgehende Nähe zwischen zwei Menschen. Als Sub lernt man die ganze Kraft kennen, die in tief empfundenen Vertrauen steckt, man erfährt, wie frei und entspannt man sich fühlt, wenn man sich traut die Kontrolle einfach einmal abzugeben und sich fallen zu lassen, wissend, daß man von liebevollen Händen aufgefangen und gehalten wird.

Und die Fesseln? Selbst wenn man sie wörtlich nimmt, habe ich sie nie als etwas empfunden, das mich beschränkt. Natürlich tun sie das rein faktisch in dem Moment, aber mein Empfinden war immer eher, daß sie mir Halt geben, daß sie mir ermöglichen Dinge zuzulassen, zu denen mir sonst vielleicht Kraft oder Mut fehlen würden. Zumal ich ja auch weiß, daß ich keine Angst haben muß, denn ich kenne meinen Herrn: ein entsprechendes Signal von mir würde reichen, damit er reagiert und die Fesseln löst, wenn ich je den Eindruck hätte, etwas würde meine Grenzen überschreiten oder mich überfordern. Wozu hat man schließlich ein Safewort für solche Fälle? (Ok, ok, bevor mein Herr jetzt schimpft gebe ich zu, daß ich meins regelmäßig vergesse, da ich es noch nie gebraucht habe und mir auch sehr sicher bin, es nie brauchen zu werden. Abgesehen davon ist ein Wort zwischen uns auch unnötig, denn er liest sehr genau in meiner Mimik und meinen Augen und wurde dort sofort erkennen, wenn etwas mit mir nicht stimmt. Aber das nur am Rande.... *lächel*)

Ich denke, man kann Fesseln auf zwei Arten sehen. Einerseits können sie natürlich etwas mit Zwang und gefangen sein zu tun haben. Andererseits - und das ist der Fall, den ich meine - kann man sie aber auch als Stütze sehen, als etwas, das Halt vermittelt, in das man sich fallen lassen kann und auf dessen Kraft man vertrauen darf. Schließlich gebe ich mich aus freiem Willen in die Hände meines Herrn, lasse mich aus ebenso freiem Willen von ihm fesseln - wie also könnte ich die Fesseln dann als eine Art Gefangenschaft ansehen? Ganz im Gegenteil habe ich sie schon oft als etwas erlebt, was mir Geborgenheit und Sicherheit vermittelt!
Mal ganz abgesehen davon kann eine Fessel auch ein Wort von ihm sein, sogar nur ein Blick, der mir sagt: "Diese Position hältst du jetzt!" zum Beispiel. In diesem Fall fesselt sein Wunsch mich ebenso sehr, wie Ketten, Ledermanschetten oder Handschellen es tun würden, ich finde aber auch ebenso viel Halt in dem Wissen, daß ich gehorche, um meinen Herrn stolz zu machen.

Ich fand es gestern wirklich spannend zu sehen, wie völlig anders jemand ohne SM-Hintergrund die selben Worte deutet, auf die ich innerhalb unserer Szene immer nur die positivsten Reaktionen bekommen habe und von denen mir schon oft gesagt wurde, daß sie genau das ausdrücken, was auch andere Subs empfinden. Es ist schon sehr interessant, wie sehr sich der eigene Blickwinkel doch von den Lebensumständen und dem eigenen Erfahrungshorizont ableitet.

Meine Bemühungen, demjenigen, der mich da angesprochen hatte, meine Sicht der Dinge zu vermitteln, hatten leider nur wenig Erfolg. Das kann ich gut nachvollziehen, denn was ich ihm sagte, war für ihn wohl sehr fremd. Mir fiel dabei immer dieses berühmte Satz ein: "Von etwas reden, wie der Blinde von der Farbe", und so kam ich mir ein wenig vor, als ob ich versuchen würde, jemandem, der noch nie eine Farbe gesehen hat, zu erklären wie Rot aussieht.
Mein Gesprächspartner war durchaus sehr offen und versuchte ganz bestimmt auch meinen Gedanken zu folgen! Er hat sich, so weit er konnte, auf meine Sichtweise eingelassen, aber so etwas ist eben immer nur bis zu einem gewissen Grad möglich, wenn man selbst mit dieser etwas anderen Welt nichts zu tun hat. ;-)

Für mich war es ein interessanter Austausch, der mich dazu gebracht hat mal wieder intensiv über mich, meine Beziehung und das nachzudenken, was ich mit meinen Spruch eigentlich ausdrücken wollte.
An meiner Sicherheit, daß ich mit jedem Jahr, das ich an der Seite meines Herrn verbringen darf, ein ganzes Stück freier und stärker werde, hat dieses Gespräch nichts verändert. Das weiß ich, dessen bin ich mir absolut sicher und das erlebe ich jeden Tag auf's Neue. Und solange mein Herr weiß, wie diese Worte gemeint sind und mit welchem Strahlen ich sie immer wieder genau so sagen würde, ist auch alles gut. :-)

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Aurora, durch stundenlanges Googeln bin ich mit Glück auf Deinem Blog gelandet, den ich jetzt seit Stunden verschlinge...es ist wunderbar geschrieben und erfüllt mich mit sehr viel Wärme.
Ich bin noch ganz neu in diesem Bereich, habe viele Fragen und Ängste, aber Deine Geschichten habe viele beantwortet und Ängste beiseite geschoben und aufgelöst! Vielen Dank dafür!
LG S.

Aurora hat gesagt…

Liebe(r) S.,

vielen Dank für diesen lieben Kommentar, über den ich mich sehr freue! :-)

Das schönste Kompliment ist für mich immer, wenn meine Geschichten und Gedanken meine Leser berühren, wenn meine Worte die Gefühle vermitteln können, die ich beim Schreiben hatte. Und wenn sie dann sogar noch dabei helfen die ein oder andere Frage oder Unsicherheit zu beantworten, dann ist das wirklich etwas Besonderes für mich! :-)

Ich wünsche Dir weiterhin viel Spaß beim Lesen und hoffe, du schaust auch in Zukunft immer mal wieder hier vorbei!

Liebe Grüße,
Aurora

Sabine N. hat gesagt…

Ich hatte Gänsehaut und Tränen in den Augen beim Lesen.

Einfach nur Danke